Sonderfall „Kontrolliertes Trinken“

Was bedeutet kontrolliertes Trinken?

Kontrolliertes Trinken ist ein Konzept, das ursprünglich aus der Suchttherapie kommt, und auf Prof. Dr. Körkel zurückgeht. Es endstand, weil suchtkranke Alkoholiker in ihrer Abstinenz oft rückfällig werden. Erlaubt man den Betroffenen den Konsum von geringen, nicht bewusstseinsverändernden Mengen, werden oft bessere Ergebnisse hin zu vollkommener Abstinenz erzielt. Dieses Konzept wird mittlerweile auch in der MPU zugelassen – das heißt, du musst in der MPU nicht zwangsläufig einen Abstinenznachweis erbringen, sondern kannst auch mit kontrolliertem Trinken eine positive MPU bekommen.

Das geht allerdings nur unter ganz spezifischen Voraussetzungen und mit einer intensiven Vorbereitung! Kontrolliertes Trinken setzt voraus, dass du dich intensiv mit deinem Trinkverhalten auseinandergesetzt hat – daher ist eine MPU nur zu bestehen, wenn man ein umfangreiches Wissen zu Alkohol, seiner Wirkung im Körper und dem Abbauverhalten angeeignet hat. Falls du das wirklich versuchen willst, empfehle ich dir unbedingt die Kapitel zum Kontrollierten Trinken aus diesem Buch (Anzeige). Sie sind für dein Vorhaben Gold wert.

Entscheidend für „kT“

sind die Fragen „Wie oft…“, „Wie viel…“ und „zu welchen Anlässen…“ …trinke ich Alkohol? Außerdem ist unabdingbar, dass dein Alkoholkonsum geplant und in großen Abständen nacheinander passiert. Es gibt keinen festen, konkret Plan, der vorgibt, wie viel Alkohol du noch trinken darfst, um deine MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen. Am Wichtigsten ist allerdings: Der Alkoholgenuss darf deine eigene Zurechnung nicht herabsetzen. Sprich, es darf absolut Wirkung spürbar sein! In Promille heißt das: 0,5 darf nicht, 0,3 sollte nicht übersschritten werden. Kontrolliertes Trinken bedeutet ein gesundes Verhältnis zum Genussmittel – für den Psychologen in der MPU heißt das konkret: sehr seltener Konsum, immer geplant und niemals spontan.

Versuchst du deine MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen steht folgende Frage im Fokus des Verkehrspsychologen:
Ist Kontrolliertes Trinken für dich der richtige Weg, oder doch Abstinenz zu fordern? Daher gilt es erst einmal grundsätzlich zu klären, was gute Voraussetzungen sind, um die MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen:

Für wen kommt kontrolliertes Trinken in Frage?

  • Du musst ausreichend lange abstinent leben, oder kontrolliert getrunken haben: Du musst dein kontrolliertes Trinkverhalten bereits mindestens 6 Monate eintrainiert haben. Besser sind bereits 12 Monate integriertes kontrolliertes Trinken.
  • Problembewusstsein: Du musst klar stellen, dass du in Alkohol ein Gefahrenpotential für dich siehst. Daraus entstand deine Motivation hin zum kontrollierten Trinken.
  • Positive Entwicklung: Seitdem du kontrolliert trinkst, ist alles in deinem Leben besser, außerdem reagieren Freunde und Familie wohlwollend ob dieser Verhaltensänderung
  • Du bist selbstsicher geworden: D.h. du kannst jetzt Nein sagen und hast positiven Umgang mit deinen Trinkanlässen gelernt. Es kommt gut, wenn du in der MPU ein Beispiel nennst – „Vor drei Monaten habe ich zufällig einen alten Freund getroffen. Wir haben uns unterhalten und sind gemeinsam noch in ein Cafee gegangen. Der Freund wollte mich auf ein Bier einladen und ich habe automatisch abgelehnt – denn es war ja kein geplanter Konsumtag. Diese Begebenheit ist mir erst später am Abend aufgefallen, dass ich ohne nachzudenken abgelehnt habe. Mit dieser Entwicklung bin ich wirklich stolz und sehr glücklich.
  • Max. Eine Fahrt unter 2 Promille: Hast du aktenkundig Blutalkoholgehalt von 2 Promille überschritten, ist es nahezu unmöglich, ein positives Gutachten mit kontrolliertem Trinken zu bekommen.
  • Max. Zwei Fahrten unter 1.1 Promille: Gleiches gilt für häufigere Auffälligkeiten. Gibt es aktenkundig mehr als zwei Fälle, kannst du das mit dem kontrollierten Trinken vergessen. Ebenso, wenn eine Fahrt über 1.1 und eine unter 1.1 aktenkundig ist.
  • Tatzeit: abends: Der Tatzeitpunkt deiner Trunkenheitsfahrt ist wichtig. Wurdest du morgens, oder vormittags erwischt, hast du entweder noch vom Vortag Restalkohol, oder bereits morgens mit dem Trinken angefangen. Beides verbietet sich für eine MPU mit kontrolliertem Trinken. Am Besten sind also Zeitpunkte am Abend, oder in der Nacht, da das der gesellschaftlich „normale“ und akzeptierte Konsumzeitpunkt ist
  • Tattag: Wochenende / Feiertag: Selbiges gilt für den Tattag. Freitags oder Samstags, also am Wochenende, oder an Feiertagen gilt es als einigemermaßen problemlos, Alkohol zu konsumieren. Unter der Woche hast du zu arbeiten und nüchtern zu bleiben! Wurdest du also an einem Wochentag morgens betrunken erwischt, ist kontrolliertes Trinken für dich keine Option mehr.
  • Potentielle Trinkanlässe = Du kommt ohne Fahrzeug: Bist du auf dem Weg zu einem potentiellen Trinkanlass, bzw. hast Alkoholkonsum geplant (siehe Trinktagebuch), kommst du ohne Fahrzeug. Das schließt das Fahrrad und Tretroller mit ein! Sprich, entweder hast du einen Fahrer, oder fährst Taxi.
  • Auch im Notfall wirst du nicht betrunken fahren, da du die enthemmende Wirkung und die Unkalkulierbarkeit kennst.

Achtung, Fangfrage! Es ist durchaus möglich, dass der Psychologe dich nach einer absoluten Ausnahmesituation fragt, z.B. der geplatzten Fruchtblase deiner Freundin. In der MPU antwortest du definitiv, dass du auch in diesen Fällen strikt nicht fährst, wenn du Alkohol getrunken hast!

  • Besser jung / 20, als alt / 50: Jungen im Straßenverkehr mit Alkohol aufgefallenen Personen sieht man das Fehlverhalten eher nach, als alten. Das wird mit jugendlichem Leichtsinn begründet und man traut jungen eher zu, ihr verhalten zu ändern, als alten, wo sich das Trinkverhalten teils über Jahrzehnte festgefahren hat. Bis du zwischen 20 und 30 ist das super, ab 50 wird es mit dem kontrollierten Trinken schon sehr, sehr schwierig.
  • Aktenkundige Alkoholtoleranz: Stichwort Torkelbogen! Diesen findest du in deiner Akte vom Straßenverkehrsamt. Um so betrunkener Polizei & Amtsarzt dich bei deiner Kontrolle eingeschätzt haben, um so besser ist das für dich. Hast du bei fast 2 Promillen keine Ausfallerscheinungen gezeigt, liegt aktenkundig erhöhte Alkoholtoleranz vor. Damit hast du es in der MPU bezüglich kontrolliertem Trinken sehr schwer.
  • Männer 24g rein, frauen  12g: Sind die Grenzwerte für gesundheitlich unbedenklichen Alkoholkonsum am Tag. Außerdem sollte mindestens an zwei Tagen in der Woche auf Alkohol verzichtet werden. Dieses und weiteres Wissen zu Alkohol findest du hier. Achtung: Für dich in deinem kontrolliertem Trinken ist Alkoholkonsum selbstverständlich maximal einmal im Monat erlaubt!
  • 30pg/mg: 2l Bier theoretisch noch möglich: Du musst in die MPU keinen Abstinenznachweis oder Leberwerte mitbringen. Es kann sein, dass du nach der Untersuchung gebeten wirst, auf eigene Kosten doch eine Probe abzugeben. Dem solltest du (sofern du ein reines Gewissen hast) unbedingt zustimmen, da du dich sonst verdächtig machst. Am einfachsten ist es, zur MPU einen ETG-Test mitzubringen. Den kannst du beim forensischen Labor deines Vertrauens in Auftrag geben und deine Werte kontrollieren – liegt der ETG (Ethyglucuronid) Wert unter 30pg/mg, bist du im glaubhaften Bereich des kontrollierten Trinkens. Alles darüber ist definitiv zu hoch.

Was sind schlechte Voraussetzungen?

  1. Älter sein als 50
  2. Widerholungstat (Auch wenn es 10 Jahre her ist, du hast den Warnschuss ignoriert, bist unbelehrbar)
  3. Mehr als 2 Promille
  4. Morgens oder vormittags erwischt worden

Was ist moderater Alkoholkonsum?

Um mit kontrolliertem Trinken die MPU zu bestehen, muss moderater Alkoholkonsum vorliegen. Es gibt feste Grenzen, in denen sich dein Trinkverhalten bewegen darf. Meist lässt sich auch höherer Konsum als folgend angegeben nicht mit den üblichen Tests nachweisen. Im Normalfall sind 2 Liter Bier pro Woche nicht nachweisbar im Sinne von der Ablehnung der These Kontrolliertes Trinken. In der MPU darfst du allerdings maximal folgenden Konsum zugegeben, um mit kontrolliertem Trinken zu bestehen:

  1. Mindestabstand zwischen den Anlässen von vier Wochen
  2. Promillegrenze von 0,5 darf nicht, 0,3 sollte nicht überschritten werden
  3. Das entspricht ca. zwei Flaschen 0,33l Bier pro Anlass
  4. Jedweder Alkohlkonsum erfolgt geplant

Diesen moderaten Konsum belegst du am besten mit deinem Trinktagebuch. Versuchst du, die MPU mit kontrolliertem Trinken zu bestehen solltest du unbedingt ein Trinktagebuch führen / anlegen. Werte von 1,6 Promille oder Punkte in Flensburg wegen Alkohol gehören somit der Vergangenheit an!

Was ist ein Trinktagebuch?

Mit deinem Trinktagebuch dokumentierst und planst du deinen Alkoholkonsum. Einen Beispielausdruck bzw. Download als Word oder PDF findest du z.B. hier. Planst du deine MPU mit kontrolliertem Trinken, solltest du deinem MPU Gutachter unbedingt ein ausgefülltes Trinktagebuch vorlegen. Das dokumentierte Trinkverhalten muss mindestens sechs, besser 12 Monate in die Vergangenheit reichen und sollte auch unbedingt Termine in der Zukunft enthalten! In deinem Trinktagebuch trägst du also ein, wann, mit wem, wo, was, wie viel und zu welchem Anlass du getrunken hast. Bedenke bei deinen Eintragungen bitte unbedingt die 0,3 bzw 0,5 Promillegrenze. Außerdem, dass zwischen den Anlässen ausreichend Zeit ist ( min. 4 Wochen), und du niemals ungeplant getrunken hast! Ich weiß, dass ich mich hier wiederhole, aber eine positive MPU mit kontrolliertem Trinken ist nun mal kein Zuckerschlecken.

Darf ich nach der MPU wieder mehr trinken?

Sofern du dein positives Gutachten an das Straßenverkehrsamt geschickt hast, bekommst du deinen Führerschein zurück. Du solltest zwischen Ablegen der MPU und erhaalten des Gutachtens unbedingt noch auf Alkoholkonsum verzichten – da evtl. noch nachträglich ein Test angeordnet wird und du deine Chancen auf den Führerschein zerstörst, wenn du nach der Untersuchung wieder anfängst zu saufen. Hast du den Führerschein erstmal wieder, kannst du machen was du willst. (BITTE NICHT BETRUNKEN FAHREN!). Aber bedenke: Die zweite MPU wird viel, viel schwerer, als die erste. Daher lass einfach die Finger von Fahrzeugen jetweder Art, wenn du trinken willst.